Statuten für die Schützengesellschaft Lütersheim


So wie alles in der Welt seine Ordnung und vernünftige Regeln haben muß, nach denen man sich richtet, so ist dieses besonders bei einer öffentlichen Gesellschaft nötig.

Ohne diese würde der Zweck, sich untereinander zu vergnügen und zu freuen, gar nicht erreicht werden, wenigztens den Gebildeten würde es mehr Misvergnügen als Vergnügen machen, einer Gesellschaft mit beizuwohnen, bei welcher keine Ordnung herrscht.

Es haben sich daher Endesunterzeichnete bewogen gefunden, die früheren Schützenverordnungen vom Jahre 1746 zum Grunde zu legen und zu verordnen im Namen der Gesellschaft wie folgt:

Cap. I
Allgemeine Verfügungen

Art. I

Die Gesellschaft versammelt sich den dritten Pfingztag im Schützenlokale. Um 9 Uhr wird durch die Trommel das erzte Zeichen gegeben, sodaß um 9 1/2 Uhr die Gesellschaft bestimmt sich einfindet.

Art. II

Sobald sie sich versammelt haben, sollen die Gesetze vorgelesen werden. Jeder entblößt dabei sein Haupt.

Art. III

Es soll auch kein Keller geöffnet werden bis die Gesellschaft sich versammelt hat und die Gesetze verlesen sind. Auch soll die Uhr bestimmt werden zum Bier trinken.

Art. IV

Wenn ein honetter (ehrbarer) Mann die Gesellschaft besucht, so soll ihm für das Bier, welches er etwa getrunken hat, nichts abgefordert werden.

Art. V

Will jemand an der Gesellschaft theil nehmen, der kein Schützenbruder ist, so soll er, ehe er einen Tanz thut dem Schützenmeister Anzeige davon machen, und es bezahlt eine Mannsperson täglich 50 Pffennige und eine Frauenperson täglich 25 Pffennige. Wer von Fremden tanzt und wohnt der Gesellschaft bei bezahlt täglich 1 Mark und 50 Pffennige.

Art. VI

Jst jemand als Säufer und Zänker bekannt, so sollen ihm die Schützenmeister keine Erlaubniß ertheilen, mit Antheil zu nehmen.
Auch soll derjenige Schützenbruder oder Schützenschwester, welche sich eines Feld oder Garten oder sonst eines Diebstahls oder groben Verbrechen schuldig gemacht haben, ohne vom Gericht völlig freigesprochen zu sein, niemals, wenn die Schützengesellschaft versammelt ist, das Schützenhaus betreten, sondern von ihr als entehrend gehalten werden.

Art. VII

De Musikanten werden von dem Schützenmeister oder von einem dazu beauftragten Schützenbruder bestellt. Die Schützenbrüder haben das Recht, wenn sie einen Zug machen, sämtliche Musiker dazu zu veranlassen.

Art. VIII

Die Burschen können bei Strafe der Nichtigkeit die Musikanten nicht eigenmächtig bestellen.

Art. IX

Jedes Mitglied ist verbunden, wenn ein Schützenbruder oder dessen Frau stirbt, denselben auf der Leiche zu folgen, bei einer Strafe von 1 Mark und 50 Pffennige

Art. X

Wird aber jemand durch Krankheit, oder andere dringende Umstände gehindert, so muß er bei dem Schützenmeister Urlaub erbitten, wenn er nicht in die im vorigen Artikel festgesetzte Strafe verurtheilt werden will.

Art. XI

Die Schützenmeister führen ein Register über diejenigen, die sie beurlaubt haben und sind der Aufseher über diejenigen, die nicht zur Leiche gegangen sind. Diese Register werden dann, wenn gestraft werden soll, der Sitzung vorgelegt

Art. XII

Wenn ein Schützenbruder sich in drei Jahren nicht bei der Gesellschaft einfindet, so soll der Name ausgestrichen werden. Umstände der Unmöglichkeit bilden eine Ausnahme.

Art. XIII

Jeder Schützenbruder nach zurückgelegten sechzigsten Jahre und jede Schützenschwester nach zurückgelegten fünfzigsten Jahr, bekommen ihr Bier nach Hause, wenn dieselben die Gesellschaft besuchen wollen, erhalten sie dasselbe schon früher, im Falle sie krank sind oder haben Amtsgeschäfte.

Art. XIV

Wenn bei einem Schützenbruder in den beiden letzten Monaten vor Pfingsten Trauer eintritt und er deshalb der Gesellschaft nicht beiwohnen mag, so kann er sein Bier nach Hause holen lassen.

Art. XV

Ein Sohn oder Tochter können die Eltern nicht vertreten, wenn dieselben im Trauerfall zu Hause bleiben wollen.

Art. XVI

Über sämtliche der Gesellschaft gehörenden Geräthe soll ein Inventarverzeichnis aufgestellt werden.Dieses soll jedesmal, wenn die Rechnung abgehört ist, durchgesehen werden, ob sich noch alles vorfindet.

Art. XVII

Wen durch die Schuld eines Schützenmeisters oder durch einen anderen etwas verloren geht, so soll es auf dessen Kosten wieder angeschafft werden.

Art. XVIII

Der Sekretär soll auch eine Liste über die alten und kranken Leute haben, die Antheil an der Gesellschaft haben, aufstellen. Die Liste wird der Sitzung vorgelegt, und wenn alles richtig befunden wird und das Bier ausgeteilt wird, so haben die Aufsichten darauf zu sehen, daß nur das gesetzte Quantum Bier verausgabt wird

Art. XVIIII

Der zeitige Rechnungsführer der Gesellschaft ist berechtigt, die rückständigen Beiträge zur Schützenkasse, wenn solche nicht pünktlich entrichtet werden, auf gerichtlichem Wege beizutreiben und entsagt monatlich jedes einzelnen Mitglied der Einrede, daß der zeitige Rechnungsführer nicht berechtigt sei, die Einklage der Rückstände anzunehmen.
Jeder der nicht Theilhaber der Schützengesellschaft ist und geht zum Bier Trinken müßte sich aus der Gesellschaft entfernen, auch deren Kinder.
 
 

Cap. II
Polizeiliche Verfügungen

§ 1

Ein jeder soll sich anständig und sittsam betragen, wie es einem vernünftigen Menschen zukommt, mithin alles Fluchen und sittenloses Reden vermeiden, bei Strafe 1 Spind Gerste oder deren Werth.

§ 2

Es soll ein jeder solche Reden vermeiden, wodurch Zank entstehen könnte, und wenn einer mit dem anderen etwas auszumachen hat, so soll es durchaus nicht in öffentlicher Gesellschaft stattfinden. Wird bestraft mit 1 Spind Gerste und Hafer oder deren Werth.

§ 3

Sollte gar Schlägerei entstehen, so sollen die Schuldigen wenigstens einen Tag aus der Gesellschaft verstoßen werden, oder mit 4 Spind Gerste bestraft oder deren Werth.

§ 4

Jeder ist verbunden mit Hand anzulegen, daß ein solcher, der Schlägerei anfängt aus der Gesellschaft entfernt werde.

§ 5

JederSchützenbruder soll nicht anders erscheinen als mit Hut und Rock im Schützenhause. Bei Strafe 1 Spind Gerste oder deren Werth. Sollte ein Zug gemacht werden, mit Hut und Rock.

§ 6

Junge Personen sind verbunden, den älteren mit Ehrerbietung zu begegnen. Wer diese aus den Augen setzt, bezahlt ½  Spind Gerste oder deren Werth Strafe.

§ 7

Es soll den Männern erlaubt auch den Burschen erlaubt sein, beim Tanzen den Rock auszuziehen.

§ 8

Keiner darf ohne Erlaubnis über die Schwelle reichen, bei einem halben Spind Gerste oder deren Werth Strafe.

§ 9

Keiner darf Branntwein in das Schützenhaus bringen oder eine Sauferei mit Consorten anfangen, bei zwei Spind Gerste oder deren Werth Strafe.

§ 10

Ebenfalls darf keine Karten und andere Haßardspiele stattfinden, bei zwei Spind Gerste Strafe.

§ 11

Vor dem Schützenhaus und an anderem Orte, wo leicht feuerfangende Sachen liegen, ist das Rauchen bei einem halben Spind Gerste oder deren Werth verboten.

§ 12

Da öfters Streitigkeiten zwischen den Bierschenkern Siebern vorgefallen ist, wegen Aufbewahrung der Schlüssel über wo das Bier lagert: jetzt folgender Spruch gemacht von der Behörde:
Weil die Bierschenker das Geld für Gerste vereinnahmen, überhaupt für alles Sorge zu tragen haben, so sollen von den Siebern, sobald der Zapfen zugeschlagen ist, den Schützenmeister überliefert werden.

§ 13

Will ein Einheimischer junger anständiger Bursche hier tanzen bei der Gesellschaft, so soll derselbe ehe er einen Tanz thut, den Schützenmeister pro Tag 3 Mark bezahlen. Es wird noch bemerkt, nur die in der Fremde sind.

§ 14

Nächster Jahr wird der Abschluß der Rechnung, soweit überhaupt alles geordnet wird, geschieht im Schützenhause.

§ 15

Mit 1 Mark 50 Pfennige wird bestraft, wer beim Antreten nicht oder über 5 Minuten zu spät erscheint, ohne genügende Gründe.

§ 16

Wenn die Schützengerste erhoben werden soll und die Bekannt-machung erfolgt ist, soll jeder erscheinen bei Strafe von 1 Mark 5O Pf.
 
 

Lütersheim, den 20 Juni 1886
 
 

Der Vorstand der Schützengesellschaft

Wilhelm Scheuermann

Johannes Hesse